Die wundervolle Genesis des Heiligen Christopherus

„Siehe, ich, der Herr, bin der Gott allen Fleisches; sollte mir etwas unmöglich sein?“ – Jeremia 32,27

Der Heilige Christophorus verbirgt in sich eine erstaunliche und ungewöhnliche Genesis, die für die Christen unserer Zeit fast unvorstellbar mythisch, fabelhaft oder gar befremdlich erscheint. Als ein sehr geliebter Märtyrer der ersten Jahrhunderte, der sowohl in der orthodoxen als auch in der katholischen Kirche geehrt wird, ragt er durch seine Gestalt deutlich aus der vertrauten Ikonographie hervor. Jahrhunderte lang wird er mit einem Hundekopf abgebildet, bis diese Tradition von der orthodoxen Kirche im 18. Jahrhundert abgebrochen wurde. Sein wahres Erscheinungsbild wird auf Ikonen und Fresken korrigiert und „vermenschlicht“.

Der heilige Märtyrer Christophorus stammte von einem kynokephalischen Geschlecht. Über diese Stämme von Menschen mit Hundeköpfen findet man Berichte, Übertragungen und Erzählungen durch die ganze Geschichte hindurch. Man beschreibt sie als besonders aggressive und jähzornige Wesen mit schlechter Artikulation, die Menschen überfallen und sogar verzehren. Es ist anzunehmen, dass der Stamm des hl. Christophorus im Südwesten von Pakistan verweilte, wo der Märtyrer von den römischen Truppen in Haft genommen wurde. Er diente danach dem römischen Kaiser und wurde zum erfolgreichen Heerführer. Riesig und körperlich stark, furchteinflößend durch seinen Hundekopf, versetzte er den Kampfgegner in Grauen und Kleinmut. Den Legenden nach fiel der Kaiser beim Anblick des ungeheuerlichen Gefangenen von seinem Thron. So grauenhaft ist Reprobus’ (Christophorus’ Name vor seiner christlichen Taufe) Erscheinungsbild gewesen.

Christophorus – der Christusträger, getauft von Christus selbst. Von Christus gewählt, all die Sünden und das Leid dieser Welt mitzutragen. Der unmenschlich starke Riese erweist sich als schwach und gebrechlich, als er ein Kind über den Fluss tragen wollte. Jesus hatte diese Kindesgestalt angenommen. Klar und rein wie Flusswasser, unbelastet von Leidenschaften und Hochmut, selbstlos und zugleich sich selbst. Nach seiner Taufe beginnt Christophorus’ Märtyrerweg. Die Entsetzung des Kaisers, dass sein bester Krieger zum frommen Christen geworden war, bereitete dem Heiligen ein Leidensschafott. Und schon bald nach seiner Hinrichtung, dank seines qualvollen Opfers, finden mehr und mehr Menschen zum Christentum.

Und so wird Christophorus durch die Jahrhunderte geehrt und geliebt. Sein Hundekopf wird als heilige Reliquie bewundert. Doch warum entscheidet sich der Heilige Synod, schon nach der Nikon-Spaltung, ihn mit menschlichem Kopf abzubilden? Die Argumentation dazu lautet, dass die Hundegestalt „der Natur, der Geschichte und der Wahrheit wider ist“. Wahrscheinlicher ist es aber, dass der Zeitgeist und die geschichtlichen Bedingungen eine solche Entscheidung motiviert haben. Auch die Erklärung des wundersamen Bildnisses des Heiligen hat der Kirche sicherlich einige Schwierigkeiten bereitet. Die wahre Natur Christophorus’ stellt die große theologische Frage nach der Genesis der Erde, dem Erbe der Vergangenheit und der wunderbaren göttlichen Vorsehung, die dahintersteckt.

So müssen wir uns in die vorsintflutlichen Zeiten begeben und dort den verborgenen Sinn des Schöpferwillens suchen. Im Buch der Genesis wird berichtet, dass die Gottessöhne sich die Menschentöchter zu Frauen genommen haben. Woraus Nephilime, riesige Mischwesen, entstanden sind. Im Henochbuch spricht man jedoch nicht von Gottessöhnen, sondern von gefallenen Engeln. So oder so, durch dieses ungewöhnliche Bündnis, durch diese Kreuzung auf genetischer Ebene, ist eine andere Menschenart entstanden.

„Als sich die Menschen über die Erde hin zu vermehren begannen und ihnen Töchter geboren wurden, sahen die Gottessöhne, wie schön die Menschentöchter waren, und sie nahmen sich von ihnen Frauen, wie es ihnen gefiel.“ – Genesis 6

Viele Mythenwesen in mehreren Kulturen durch die Geschichte hindurch erweisen eine solche hybride Natur – Kentaur, Minotaurus, Sphinx, Werwolf, Thot, Anubis usw. All diese halbgöttlichen Chimären scheinen eine Begattung zweier Komponenten, zweier Substanzen verschiedener Natur, zu sein. Die Kirchenväter erklären diese Kollision als Vermischung der Geschlechter Abels und Kains, doch nach älteren Deutungen handelt es sich eindeutig um Engel, die in die menschlichen Frauen hineingegangen sind.

Das Prinzip der Mischnatur, des umformatierten Menschen, des besseren, anderen Überwesens, schlägt seine Wurzeln tief im Gnostizismus und treibt seine Knospen in der Gegenwart. Die vorsintflutlichen Ereignisse spiegeln sich wie im Wasser in unseren Zeiten. Ein spannendes Schauspiel von Entartung und Modifizierung der menschlichen, sowohl geistigen als auch genetischen Natur. Das Streben nach Neuschöpfung eines transmenschlichen Geschlechts wirft dieselbe Herausforderung dem wahren und einzigen Schöpfer entgegen und bewegt sich unabwendbar auf die apokalyptische Prophezeiung zu. Doch „Gott wird alles und in allem sein“. So wie uns die Vita des Heiligen Christophorus lehrt: Die Erlösung hat nur und einzig die Gestalt eines aufrichtigen und heißen Herzens.

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