Das geheime Russland

Gebt uns einen Keller, oder zumindest einen schattigen, dunstigen Unterbau! Gebt uns einen Chruschtschowka-Sockel, sonst gehen wir auf die Straßen!

Gebt ihnen einen Keller! Dort drüben, unterm Miliz-Büro!

90-er Jahre, Leningrad. Im russischen Keller, im NBP-Bunker, wird das Geheime gelüftet. Ohne Parole kommt keiner rein. Zutritt nur für Revolutionäre. Parteikarte – nur für radikale Subjekte!
Dort sitzt Anubis, vertieft in politologischem Punk-Aktionismus. Aus dem Aquarium, fiebrig, starrt ein französischer Bootsmann und nur ein leichter Murmansk-Windstoß schneidet die trübe Leningrader Plazenta. Rechts – geöffnete Konservendose „Touristenfrühstück“ aus Rindfleisch, links – leere Dose Schweinefleischeintopf, missbraucht als Aschenbecher. Die Westwand verklebt mit Emigrantenzeitung „Italienischer Winter“ und am Tischrand zittert Briefumschlag mit „Par Avion“ Stempel. Lena, New York.
Die Revolution ist ein Pilz und muss im Keller gezüchtet werden. Und wie jede Pilzart benötigt sie Kultursubstrat. Die Revolution ist helle Frequenz. Sie schallt aus der verkohlten Fassade des Moskauer „Weißen Hauses“. Das rote Imperium ist gefallen, verraten von innen, dieses verhasste hässliche Geschöpf, doch das Einzige, was noch liebenswert war. Café „Saigon“ wird das neue Regierungsgebäude! Und drastisch-fantastisch die Züchtung unserer Zukunft.
Krawatte, weißes Hemd und schwarze Lederjacke. Und viel Tinte, viel Druck! Funk, Funk, Funk… Die Revolution ist Punk! Die Erde dreht sich und wir, Passagiere, reisen gratis ins All. August wird Oktober. Apollo – unser Kommissar, Sichel – unsere Harfe…
Jedoch, um welche ideologische Achse dreht sich dieser bizarre Korpus, welchem politischen Diskurs entspricht er, welchem ontologischen Sonnensystem gehört er?
Es ist die Galaxie des klebrigen Tees der Leidenschaft.
Die philosophischen Geologen, Argonauten der neuen russischen Avantgarde! Mit den Worten von Alexander Dugin: „Die neuen Leute, der neue Menschentyp, die neue Klasse. Die Klasse der Helden und Revolutionäre“
Während das schulderfühlte, pazifistisch-vasektomierte Deutschland sich die 99 Luftballons reinzwängte, bohrte sich durch die Kruste der post-sowjetischen Stagnationsära ein authentischer, vollblutiger Impuls: die Passion der befreiten Propheten des „geheimen Russlands“. Sie witterten das Plasma des Werdenden. Die Hieromanten des großrussischen Bluts und Bodens. Wie aus einem Damm brach die Passion aus. Der Fluss – das Sinnbild Russlands. Sein ethnologisches Erbgut.
Das rote Imperium ist gefallen, vertaten, verschrottet, deimperialisiert. Wie nach einem plötzlichen Atombombenabwurf ist der rote Koloss gestürzt und sein Volk ist in einen dichten Trümmernebel von Ratlosigkeit und katatonem Stupor geraten. Und aus dieser nuklearen Flamme mutierte ihr Marsch. Sie sahen sich um, standen auf und gingen.
Sie gingen: „in der Stille auf den ermordeten Frühling
Auf zertrümmerten Häusern, auf ergrauten Köpfen
Auf der grünen Erde, auf dem geschwärzten Gras
Auf gefallenen Körpern, auf großen Taten
Auf zerbrochenen Brillen, auf Komsomol-Abzeichen
Auf blutigen Worten, auf hungrigen Jahren“.

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Und in diesem Buch standen all die Geschichten, all die Gedichte, all die Lieder ihrer Ahnen. Und das Buch war ihnen das Allerheiligste. Ein heller Stern in finstrer Nacht.
Von Pferdeköpfen gestoßen, von Menschen gedrängt, betäubt von dem Geräusche der Stadt, die mir wie eine riesengroße, teuflisch dahinrasende Fabrik erschien, geblendet vom Glanze der vielen ungewohnten Lichter, ging ich umher wie in einem mir unerklärlichen Wahnsinn.
the guilt is that i let you let me leave. the pain rests on the shoulders of the future.
Dieser Satz stand auf der Notiz eines anonymen Selbstmörders im England des späten 18. Jahrhunderts. Er fügte noch hinzu: „The very best remedy after all, is a good resolution and a ball.“
einmal noch knüpfend goldne naht ich sah sie in verworfener huld zerreißen nichts restituiert was du geerbt hast es trägt die jugend die welt ewiglich richte untergang ist wahrheit tod dem alten jerusalem heil dem neuen lumen gentium
Das äußerste Vorgebirge der Jahrhunderte.
Auszug aus dem Roman: Nächtliche Tränen. Aus dem Spanischen übertragen von Faustina Bremm.
Erinnerungen an ein ehemals bewohntes und blutdurchströmtes Haus.

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